Für Bewegungsfreiheit und solidarische Städte

Für Bewegungsfreiheit und solidarische Städte

Veranstaltungsreihe in Darmstadt zu Solidarischen Städten und Bürgerasyl, von Seebrücken bis zu We`ll Come United
04.09. – 08.09.2018

Als der Vorschlag im Mai erstmals aufkam, waren die Ereignisse von Ellwangen noch in aller Munde. Der medialen Diffamierung und der Kriminalisierung der Geflüchteten, die spontan und erfolgreich gegen die Abschiebung ihrer MitbewohnerInnen protestiert hatten, sollten konkrete Schutzraumaktivitäten in möglichst vielen Städten an unterschiedlichen gesellschaftlichen Orten entgegengesetzt werden. Das ist und bleibt ein zentrales Ziel der Veranstaltungsreihen, die nun Anfang September in zumindest fünf Städten parallel stattfinden. Überall geht es um Kämpfe gegen Abschiebungen und für ein Bleiberecht, um Kampagnen für Bürgerasyl und um die Notwendigkeit, verstärkte Schutzstrukturen in Richtung solidarischer Städte aufzubauen.

Im Juni hat die neue rechte Regierung in Italien begonnen, die Häfen für die zivile Seenotrettung zu schließen. Mit Rückendeckung aus der gesamten EU werden die Rettungsorganisationen kriminalisiert, mit dem Sterbenlassen auf See und mit der Aufrüstung einer sog. Libyschen Küstenwache soll die Abschreckung und Vorverlagerung des EU-Grenzregime vorangetrieben werden. Vor diesem Hintergrund hat der Ansatz der Solidarischen Städte eine weitere Bedeutung gewonnen. Gegen die nationale und supranationale Ausgrenzungspolitik ist es „die utopische Kraft der Städte“, die es gilt, zu einer solidarischen Alternative zu entwickeln. Von den BürgermeisterInnen in Palermo, Neapel und Barcelona bis nach Berlin gingen erste Impulse aus, der Forderung nach offenen Häfen und zur Aufnahme der Geflüchteten und Geretteten in Städten in Deutschland haben die starken Mobilisierungen der Seebrücken-Initiativen einen neuen Schub bewirkt.

Als gemeinsamen Fluchtpunkt – im wahrsten Sinne des Wortes – sehen wir ein Netzwerk von Städten quer durch Europa, eine Alltagsbewegung getragen von verschiedenen Akteuren der Zivilgesellschaft bis hin zu progressiven Stadtverwaltungen, die das Recht zu kommen und zu bleiben – ganz im Sinne der Charta von Palermo – auf ihre Agenda setzt.

In den Veranstaltungsreihen Anfang September in Frankfurt, Darmstadt, Hanau, Kassel und Berlin werden u.a. diese Fragen und Herausforderungen zum Thema gemacht – exakt drei Jahre nach dem Marsch der Hoffnung und dem Durchbruch gegen das Grenzregime auf der Balkanroute. Es geht uns um den Aufbau von Alltagsstrukturen der Fluchthilfe und konkreter Unterstützung, um gemeinsame Kämpfe für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte, die wir auf lokaler Ebene weiterentwickeln und dann mit Allen gemeinsam auf der Straße sichtbar machen wollen – am 29. September 2018 bei der Parade von We`ll Come United in Hamburg!

Dienstag, 04.09.18, 19 Uhr
Vom „Sommer der Migration“ zu Seebrücken und solidarischen Städten
Veranstaltung mit Max Pichl

mit Informationen zu Gegenstrategien auf lokaler Ebene (Bürger*innenasyl, Kirchenasyl, solidarische Stadt)
Böckler-Saal im Gewerkschaftshaus, Rheinstr. 50
Veranstalter: agis und Verdi

Über die politische Einordnung des Sommers der Migration 2015 wird bis heute auf allen politischen Ebenen erheblich gestritten. Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, dass sich so etwas wie der „Sommer 2015“ nicht wiederholen dürfe. Aber was darf sich nicht wiederholen? Die spezifische Situation des Sommers 2015 wird in der Öffentlichkeit gemeinhin als Alleingang der deutschen Bundesregierung und mitunter sogar als Rechtsbruch verstanden – politische Akteure wie die AfD profitieren seit Jahren von dieser Erzählung. Dabei ist der Sommer 2015 tatsächlich eine Verdichtung von gesellschaftlichen Kämpfen über die Asyl- und Migrationspolitik. Diese These soll in dem Vortrag erläutert werden, um von dort ausgehend zwei aktuelle Entwicklungen zu diskutieren: Erstens die politischen Reaktionen der EU-Mitgliedstaaten auf den Sommer 2015, die vor allem darin bestehen die Migrationskontrolle an Drittstaaten außerhalb der EU auszulagern und innerhalb der EU Zonen zu schaffen, in denen rechtsstaatliche Garantien für Geflüchtete umgangen werden können.
Zweitens sollen die politischen Antworten aus der gesellschaftlichen Linken diskutiert werden, die von der nationalen Sammlungsbewegung von Sahra Wagenknecht und Co. bis zur Seebrücken-Bewegung und dem Solidarity-Cities-Movement reichen.
Referent: Maximilian Pichl, hat Rechts- und Politikwissenschaft studiert. Derzeit forscht er an der Universität Kassel zur EU-Migrationspolitik im Forschungsprojekt „Beyond-Summer15“.

Mittwoch, 05.09.18, 20 Uhr
Iuventa – Der Film

mit anschl. Diskussion und Infos zu We‘llCome United
Rex-Kino Darmstadt

Nach fast zwei Jahren Einsatz und ca. 14.000 auf hoher See geretteter Menschen wurde im August 2017 das Schiff „Iuventa“ der Organisation JUGEND RETTET plötzlich beschlagnahmt und von den italienischen Behörden in Lampedusa festgesetzt. Seitdem kursiert u.a. der Vorwurf der Kooperation mit Schlepperbanden. Eine Anklage ist jedoch bis heute nicht erfolgt. Die bewegende Geschichte wurde von Regisseur Michele Cinque festgehalten. Über ein Jahr lang verfolgt der Film das Leben der jungen Protagonist*innen, fängt die gesamte Spanne der Mission ein, beginnend mit dem Moment, in dem sie in See stechen und ihr unglaubliches Vorhaben wahr wird, bis zu dem Punkt, an dem dieser mit der politischen Realität kollidiert.

Donnerstag, 06.09.18, 13:15 Uhr
Workshop – Solidarische Schulen?!

Schüler*innen-Vertretung der Brecht und Aktivist*innen von Community for All
Bertholt Brecht Schule

Im Oktober sind Landtagswahlen in Hessen. Eines der zentralen Themen wird die Asyl- und Migrationspolitik sein. Seit diesem Jahr hat Hessen ein eigenes Abschiebegefängnis in Darmstadt in Betrieb – Symbol dafür in welche Richtung die Politik steuert und wie weit der Rechtsruck bereits vorangeschritten ist. Mehr Abgrenzung, Abschottung, Spaltung. Das betrifft Jugendliche, die in Asylverfahren stecken und keinen Zugang zur Schule haben, oder Schüler*innen, die von Abschiebung bedroht sind und denen die Schule keinen Ort der Sicherheit mehr bietet. Und das betrifft uns Alle wenn Schule ein Ort ist in dem wir die Hälfte unserer Zeit verbringen und dieser Ort ganz viele Menschen ausschließt.
Die Wahlen bieten für diejenigen Schüler*innen, die unter 18 sind keine Möglichkeit auf diese Entwicklung Einfluss zu nehmen. Wenn wir also etwas gegen diese Politik haben müssen wir uns andere Wege suchen das zum Ausdruck zu bringen.
In dem Workshop wollen wir Ideen sammeln und diskutieren, was wir tun können, wie wir uns als Schüler*innen organisieren können um uns einzubringen und Schule zu einem solidarischeren Ort zu machen.

Donnerstag, 06.09.18, 19 Uhr
Abschiebedruck und Widerstand

Sarmina Stuman vom ARM (Afghan refugee movement) zu Strategien gegen die zunehmenden Abschiebungen nach Afghanistan
Glaskasten an der Hochschule Darmstadt

Sechs Bundesregierungen in Folge haben sich vergeblich dem Kampf in Afghanistan angeschlossen – mit desaströsem Ergebnis. Der Krieg geht in sein 17. Jahr. Trotzdem wird dieses Land als sicher genug eingestuft, um die von dort Geflohenen zurück in das Kriegsgebiet zu schicken. Der Ausreisedruck wird erhöht und Sammelabschiebungen finden statt. Möglichkeiten des Widersetzens gegen diese Praxis gibt es?
Hierüber wollen wir uns mit Sarmina Stumann austauschen. 2016 gründete sie mit Flüchtlingen aus Afghanistan das Afghan refugee movement, um vereint für die Rechte der Geflüchteten zu kämpfen.

Freitag, 07.09.18, ab 17 Uhr
Soli-Konzert und Infos

Infos, Fotos, Film und Ideen
Konzerte mit Heimat durch Musik und Malaka Hostel danach Tanz mit DJ Fluchthelfer
Bessunger Knabenschule, Ludwigshöhstr. 42

Samstag, 08.09.18, 12 Uhr
Gegen das Sterben im Mittelmeer
von Seebrücken und solidarischen Städten

Kunstaktion und Kundgebung
Luisenplatz

Auf allen Veranstaltungen können Bus-Tickets für die Fahrt nach Hamburg zu We‘llCome United am 29.09.18 erworben werden.

We’ll Come United

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Kontakt: agis@nadir.org

www.agis-darmstadt.de