„Bürger*innen-Asyl“: Berliner verstecken Geflüchtete

RBB vom 29.01.19 berichtet

„Wir wollen so viele Abschiebungen wie möglich verhindern“

Berliner verstecken Geflüchtete, um sie vor der Abschiebung zu schützen – das ist das Prinzip von „Bürger*innen-Asyl“. Drei Abschiebungen wurden dadurch schon verhindert. Aber das soll erst der Anfang sein. Von Klaas-Wilhelm Brandenburg

Berliner, die bereit sind, Geflüchtete bei sich aufzunehmen, melden sich zum Beispiel per E-Mail. Die Geflüchteten selbst werden der Gruppe von Beratungsstellen vermittelt. Mit denen sind die Leute von „Bürger*innen-Asyl“ genauso in Kontakt wie mit selbstorganisierten migrantischen Gruppen oder Anwälten, damit die Geflüchteten auch rechtlich beraten werden und dadurch eigene Entscheidungen über ihre nächsten Schritte treffen können. „Es sind ganz viele, die so ein ‚Bürger*innen-Asyl‘ möglich machen und es auf ein breites Fundament stellen“, erzählt Roth.

In manchen Fällen unterstützt „Bürger*innen-Asyl“ die Geflüchteten auch bei den Mietkosten oder zahlt das Geld für BVG-Tickets. Das Geld dafür kommt aus Spenden, die auf Solipartys oder Demonstrationen gesammelt werden. Eingesetzt werden sie für ein Ziel: „Wir wollen darauf hinwirken, dass Berlin eine Stadt ohne Abschiebungen wird.“ Konkret, erzählt Roth, heißt das: „Wir wollen so viele Abschiebungen wie möglich verhindern.“

„Der politische Diskurs verharmlost und normalisiert Abschiebungen“

Durch die Unterbringung in sicheren privaten Unterkünften solle Geflüchteten ermöglicht werden, ein Bleiberecht zu bekommen. Denn so gewinnen sie entweder Zeit, damit Anwälte noch einmal in Ruhe ihren Fall prüfen können, oder sie überbrücken die sogenannte Überstellungsfrist, wenn sie nach der Dublin-Regelung in einen anderen Staat der EU abgeschoben werden sollen. Wenn diese Überstellungsfrist abläuft – in der Regel sind es sechs Monate – wird Deutschland wieder für das Asylverfahren zuständig und darf nicht mehr in ein anderes EU-Land abschieben.

Die Menschen, die hinter „Bürger*innen-Asyl“ stehen, sehen das, was sie machen, als zivilen Ungehorsam. Und den finden sie legitim, wenn der Staat – wie sie sagen – Menschen mit Gewalt an Orte abschiebe, in denen sie nicht mehr leben wollen – wie Abraham nach Italien – oder in denen Hunger, Not, Elend oder Krieg herrscht. „Der politische Diskurs verharmlost und normalisiert Abschiebungen“, meint Pascal Roth. „Dadurch macht er die Gewalt und den Terror, dem Leute bei Abschiebungen ausgesetzt sind, unsichtbar.“ Und auch Christine Schmidt, die Abraham beherbergt, sagt: „Ich fühle mich im Recht mit dem, was ich tue, und ich würde es auch jedem Richter erklären.“