“Asylbedingte Kosten“

Zitat Tagesspiegel vom 27.01.2017:
„Die „asylbedingten Kosten“ des Bundes im Inland machen insgesamt 28,7 Milliarden Euro aus. Der größte Posten dabei ist mit zusammen 16,2 Milliarden Euro die unmittelbare Entlastung von Ländern und Kommunen bei den Flüchtlingskosten.

Die weiteren Belastungen des Bundes durch die Flüchtlinge im Inland rühren aus dem Asylverfahren (2,7 Milliarden Euro), der Integration (5,3 Milliarden Euro) und den Sozialleistungen für anerkannte Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge (4,4 Milliarden Euro).

Der Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Ferdinand Fichtner, sagte der Nachrichtenagentur Reuters: „Man kann das auch als ein riesiges Konjunkturprogramm bezeichnen.“ Ein sehr großer Teil des Geldes sei über die Ausgaben von Flüchtlingen für Lebensmittel und anderes, später über Mietzahlungen oder wegen Bau-Investitionen in die Wirtschaft geflossen. „Das dürfte für über 90 Prozent der Bundesausgaben gelten“, sagte der Ökonom.“

In Deutschland werden die Refugees umgehend in Erstaufnahmelager gesteckt und nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundeslänger verteilt. Was im Sommer 2015 improvisiert erschien, führte rasch zu neuen Stellen im Verwaltungsbereich, in den Ausländer- und Sozialämtern. Kaum waren die ersten improvisierten Lager errichtet, gab es schon Security. Die Frauen in den Kleiderkammern und die Männer, die Fahrräder reparierten, blieben unbezahlt. Unter die Ehrenamtlichen mischten sich Sozialarbeiter*innen, Deutschlehrer*innen und Forscher*innen. Es wäre interessant, einmal zu recherchieren, wie hoch der Anteil der Kosten war, der für die Verwaltung, Bewachung, Beratung und nicht zuletzt für die der Beforschung der Geflüchteten ausgegeben wurde.

Die „Asylbedingten Kosten“ waren und sind, so scheint mir, zu einem sehr hohen Teil durch die Umverteilung und – repressive – Verwaltung der Geflüchteten verursacht. Die Residenzpflicht und der Zwang, in Lagern wohnen zu müssen, schafft Stellen bei den Betreiberfirmen und Cateringunternehmen.

Dieses Vorgehen war nicht alternativlos. Im Jahre 2015 wurde ja auch das „libanesische Modell“ diskutiert, das auf Selbstorganisation und ziviler Initiative beruht hätte. Deutschland hatte und hat Platz für Millionen weitere Migrant*innen. Von Soros kam damals der Vorschlag, jeden Newcomer mit einem aus einem EU-Fonds finanzierten Budget auszustatten und dadurch die Ansiedlung zu erleichtern. „Die EU muss während der ersten zwei Jahre jährlich 15.000 Euro pro Asylbewerber für Wohnen, Gesundheit und Ausbildung bereitstellen – und den Mitgliedsstaaten die Aufnahme von Flüchtlingen schmackhafter machen.“ Damit müsste die Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU garantiert werden. Aber in Europa und zumal in Deutschland setzte sich eine Linie durch, die von Sicherheitskonzepten geprägt war. Refugees wurden willkürlich nach Sachsen umverteilt und dort dem Hass der Neonazis ausgesetzt. Das Erstarken rechtsradikaler Strömungen wurde dann zum Anlass genommen, der Sicherheitspolitik vom Typ Romann / Seehofer zunehmend Raum zu geben.

Neben den Umverteilungen im nationalen Maßstab gehört die Durchsetzung der Dublin III Regelungen zu den Folgen einer verpolizeilichten, der Selbstorganisation und Initiative möglichst keinen Raum lassenden Flüchtlingspolitik. Die Kosten der Abschiebungen, bis zu 70 000€ pro Person, scheinen keine Rolle zu spielen, wenn es darum geht, die Geflüchteten im Spannungsfeld von Integration und Deportability zu Bittstellern zu degradieren.

Berlin hat sich bis vor Kurzem noch schwer getan mit der Unterbringung von Geflüchteten; die endlosen Warteschlangen in der Turmstraße und die Zustände im Hangar sind allen noch frisch in Erinnerung. Die Verwaltung verfiel in einen stumpfen Dienst nach Vorschrift und ließ sich vom Leid der Frierenden nicht aus der Ruhe bringen. Es wurden dann von der – inzwischen reformierten – Lageso Vorverträge und Verträge mit Betreiberfirmen von Unterkünften ausgehandelt, die auf den Internet-Seiten des Berliner Flüchtlingsrats nachgelesen werden können.

Laut Lageso-Vorvertrag mit Betreibern von Unterkünften konnten die Betreiberfirmen folgende Kosten in Ansatz bringen:
Erstausstattung 500€ pro Platz,
Unterbringung 450€ pro Person und Monat,
Verpflegung 300€ pro Person und Monat,
plus Personalkosten,
plus Security.

Der Personalschlüssel weist für eine Unterkunft mit 250 Plätzen 10 Stellen aus (von Heimleiterin bis Ehrenamtskoordinator), geschätzte Kosten 36 000€ pro Monat.
Die Security, 3 Uniformierte pro Schicht, dürfte bei 1500 Stunden pro Monat nicht weniger als 45.000€ kosten.

Wir berechnen an laufenden Kosten, bei voller Belegung:
Unterbringung 112.500€
Verpflegung 75.000€
Personalkosten 36.000€
Security 45.000€
Summe 268.500€, pro Refugee 1075€.
Von dieser Summe fällt ein Drittel auf Personal und Security, und hinzu kommen die Profite der Baufirmen, Betreiber und Cateringunternehmen. Für diesen Betrag könnte ein selbstorganisiertes Flüchtlingszentrum jeden Abend ein Fest feiern und dazu 250 Freund*innen einladen!

Inzwischen hat sich Berlin zur Solidarity City erklärt. Es gibt eine aufgeschlossene Sozialsenatorin und eine motivierte Integrationsbeauftragte. Vor allem aber gibt es in Berlin eine vergleichsweise radikale und trotz aller Rückschläge hoch motivierte Willkommenskultur. Wäre es nicht an der Zeit, selbstorganisierte Willkommenszentren und Unterkünfte nicht nur zu dulden, sondern auch finanziell zu unterstützen und Räume für derartige Zentren und Unterkünfte zu öffnen?

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